Peter Börner im Gespräch über E-Mobilität: “Die Hersteller müssten da mal einen Klotz hinstellen, dass die Heide wackelt.” Foto: color.news
„Corona hat Zeit für Reflektion gebracht“
Im Stillstand liegt eine Menge Bewegung, das hat Peter Börner in den Wochen des coronabedingten Lockdowns festgestellt. Was aus seiner Sicht jetzt angegangen werden muss, was für die K+L-Branche wichtig ist und wie Deutschland die Krise übersteht: der ZKF-Präsident und seine Sicht der Dinge im Portrait.
Einen, dessen Terminkalender aus allen Nähten platzt, der den Großteil der Zeit durch die Republik von einer Konferenz zur nächsten Messe zum übernächsten Event unterwegs ist, einen, durch dessen Adern zumindest ein guter Teil Benzin fließt – so einen Menschen traf der Corona-Lockdown im März wie ein Schlag. „Ich konnte es wirklich nicht glauben“, sagt ZKF-Präsident Peter Börner. „Von einem auf den anderen Tag war nichts mehr los.“
Nach einigen Tagen der Verwunderung und Fassungslosigkeit: schnelle Anpassung an die neuen Umstände. „Corona hat uns alle gegroundet. Und kreativ werden lassen“, sagt der 54-jährige. Wenn ein dreistündiges Meeting in Berlin, für das er sonst einen ganzen Tag unterwegs war, auf einmal dank Videokonferenz nur noch 180 Minuten beansprucht, dann bleibt Zeit übrig. „Zeit für kritische Reflektion. Für mich, für den Verband.“ Auf einmal wurden durch die Schließungswelle Dinge an Land gespült, die lange nur unter der Oberfläche wogten.
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Die Digitalisierung in den Werkstätten vorantreiben
Zu diesem Thema gesellte sich schnell ein weiteres: das Handwerk und die Digitalisierung. Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln erfordern neue Wege der Informationsverarbeitung- und -übermittlung. „Das mittelständische Handwerk ist aber meist konservativ. Die fragen sich: was soll ich mit dieser ganzen neuen Technik, was bringt sie mir?“ Dabei sei es doch die Zukunft, so Börner, dass auf jeder Werkbank ein Tablet liegen müsse. „Technische Dokumentationen und Handbücher gehören auf den Bildschirm. Und vieles rund um die Fahrzeugannahme und -übernahme muss digitalisiert werden.“ Sein Verband will die Digitalisierung nun energischer vorantreiben. Auch mit Unterstützung der Vordenker in den Betrieben, die Applikationen und Software selbst programmieren – denn die wissen aus der täglichen Erfahrung, was gebraucht wird.
Selbstkritik: „Wir waren eigentlich dabei, ein Online-Terminportal für die Kunden aufzubauen, in dem sie mit der von der Versicherung genannten Werkstatt bequem einen Termin vereinbaren können. Das haben wir aus den Augen verloren und müssen da dringend etwas tun.“ Nächster Punkt auf der Agenda: „Das Lack- und Karosseriehandwerk muss für Jugendliche wieder sexy werden.“ Sexy heißt hier unter anderem: finanziell attraktiv. „Die jungen Leute fallen vor Lachen vom Stuhl, wenn sie hören, was sie in der Ausbildung zum Fahrzeuglackierer oder Karosseriebauer verdienen.“ Maurer, Bankkaufleute – alle stellen sich besser. „Eine Konsequenz daraus ist: wir müssen mit den Versicherungen über die Stundensätze reden, damit die Betriebe höhere Vergütungen zahlen können.“
Deutsches Handwerk – hochwertig und zuverlässig

In der Tradition ist er geblieben: weil er, seit er denken kann, „was mit Autos“ machen wollte, ging er nach der mittleren Reife in die Lehre zum Karosserie- und Fahrzeugbauer. Als er zur Bundeswehr musste, wollte er unbedingt zur Marine. „Denn Wasser war schon immer mein Element.“ Statt Schiffen wurden es dann aber Autos: weil er seine Ausbildung schon absolviert hatte, reparierte er in den 18 Monaten Wehrdienst im Bundeswehrfuhrpark so ziemlich alles, was Räder und keine Ketten hat. Nach dem Wehrdienst machte er seinen Meister, zwei Jahre an der Abendschule, mit Unterstützung seiner Eltern, für die er bis heute dankbar ist.
Dann der Wechsel vom Ausbeulhammer zum Bleistift: es folgten 15 Jahre bei Schwacke, zuletzt als internationaler Vertriebsleiter. Beim Eurogarant und beim ZKF ist er nun seit 11 Jahren. Ob ihm das Arbeiten mit Blech und Lack fehlt? „Ehrlich gesagt nicht,“ gibt Börner zu. “Meine jetzigen Aufgaben erfüllen mich voll und ganz.” Eigentlich etwas anderes tun zu wollen würde aber auch nicht passen zu einem, der das Wort „eigentlich“ konsequent aus seinem Wortschatz verbannt hat. „Dieses Wort ist eines der grauseligsten überhaupt. Es relativiert jede Aussage. Dann kann ich es auch gleich lassen. Entweder ich meine die Sätze so, wie ich sie sage. Oder ich schweige.“
Zuversichtlich aus der Krise
Einige Peter-Börner-Sätze im Schnelldurchlauf: „Das Konjunkturpaket der Bundesregierung ist ein Schlag ins Kontor der Autoindustrie. Die müssen sich jetzt endlich mal bewegen.“ Was bis jetzt von den Konzernen in Sachen E-Autos angeboten würde, sei wirklich „Krabbelgruppe“. Viel zu klein-klein. „Die Hersteller müssten da mal einen Klotz hinstellen, dass die Heide wackelt.“
„Das Lack- und Karosseriehandwerk muss für Jugendliche wieder sexy werden.“